Von Memes zu Millionen: Wie Internetphänomene die Finanzmärkte beeinflussen
Wie ein Finfluencer durch Memes die Börsengesetze auf den Kopf stellt.
Memes sind in unserem Alltag inzwischen fest verankert. Unabhängig davon, ob es ein witziges Bild von einem Freund oder ein Video ist, in dem man sich wiedererkennt: Memes sind überall zu finden. Unter einem Meme (gesprochen: miem) versteht man ein Bild, ein Video, ein Text usw., in der Regel humoristischer Natur, das von Internetnutzern schnell kopiert und verbreitet wird, oft mit leichten Abweichungen. (vgl. Oxford dictionary). Unter Knowyourmeme.com findet sich sogar eine ganze Datenbank, in der Memes dokumentiert und erklärt werden.
Millennials kennen noch Bad Luck Brian oder Overly Attached Girlfriend, Gen Z denkt wahrscheinlich eher an Spongebob Memes oder Pedro Racoon. Selbst auf die Börse haben die häufig satirisch gemeinten Fotos inzwischen Einfluss. Ein eindrückliches Beispiel dafür lieferte in den vergangenen Wochen der hauptsächlich auf X (ehemals Twitter), Youtube und Reddit agierende Finanz-Influencer Roaring Kitty, der sich nach drei Jahren Funkstille zurückmeldete.
Back with a bang! The kitty roars again
Auf X (ehemals Twitter) postete er am 13. Mai ein Meme, das einen Computerspieler zeigt, der von einer entspannten Sitzposition zu einer intensiven, vorgebeugten Haltung wechselt. In der Regel wird dieses Meme interpretiert mit: „When Things become serious“, also „wenn die Sache ernst wird.“ Die Online-Community hat den Post auch dementsprechend wahrgenommen, der zugehörige Post wurde mittlerweile mehr als 28 Millionen Mal angezeigt und wurde mehr als 135.000 Mal geliked.
Begriffe wie Roaring Kitty oder Memestocks, wie Aktien bezeichnet werden, die durch Internetphänomene beeinflusst werden, schießen bei Google Suchanfragen in die Höhe. Auch der Aktienmarkt reagierte auf den Post. Direkt nach Veröffentlichung kam es zu einem rasanten Anstieg des Kurses der Aktie des Computerspiele-Händlers Gamestop, der am Nachmittag des 14.05 seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte. In diesem Zeitraum stieg der Kurs um 237 % an. Auch andere Memestocks erlebten ein zumindest kurzes Revival. Der Aktienkurs AMC, ein Betreiber von Kinos in den USA, stieg zwischenzeitlich um über 200 %. Als Vergleich: 2020 brauchte der Bitcoin in seiner stärksten Wachstumsphase etwa ein halbes Jahr um 200 % zu wachsen.
Auch wenn es sich anscheinend nur um ein kurzes Strohfeuer gehandelt hat, da die Kurse auch nach kurzer Zeit wieder gesunken sind, gibt es nun neue Entwicklungen. Am 31.05 veröffentlichte Roaring Kitty einen Screenshot, der den Wert seiner gehaltenen GameStop-Aktien und Optionen auf über 150 Millionen Dollar beziffert.
Das führte dazu, dass sich der Wert von GameStop-Aktien fast verdreifachte. Auch AMC-Aktien stiegen um 78 % an. Short-Seller erlitten erhebliche Verluste, und die Marktkapitalisierung von GameStop erreichte 18 Milliarden Dollar, obwohl die Echtheit seines Screenshots bisher noch nicht belegt werden konnte und niemand weiß, ob er die Anteile tatsächlich so hält.
Es ist wichtig zu betonen, dass diese Kursbewegungen auf keinerlei sicheren Fundamentaldaten oder Erfolgsmeldungen der Unternehmen basieren. Eine Aussage darüber, wie nachhaltig und langfristig die Aufmerksamkeit und damit die Kurse sind, ist schwer zu treffen. Diese massive Volatilität sorgt im Großen und Ganzen natürlich auch für Unsicherheit an den Märkten und zieht Spekulanten im Großen Maße an.
Der Anfang der Memestocks
Aber warum genau werden scheinbar zufällige Aktien allein durch einen Social-Media-Post angetrieben? Die Antwort liegt im Jahr 2020, als sich Kleinanleger, angeführt von Roaring Kitty, erstmals im Großen Stile koordiniert und dadurch Aktienkurse beeinflusst haben. Mit seinen Videos und Beiträgen auf Plattformen wie YouTube und Reddit, insbesondere im Subreddit "r/WallStreetBets", zog er eine wachsende Anhängerschaft an. Roaring Kitty, der mit bürgerlichem Namen Keith Gill heißt, sah in GameStop eine massiv unterbewertete Aktie und war fest davon überzeugt, dass diese verkannt wurde. Sein Enthusiasmus und seine Überzeugung wirkten ansteckend, und Kleinanleger folgten millionenfach seinem Beispiel und investierten in die Aktie.
Die Situation spitzte sich zu, als große Hedgefonds massiv auf einen Kursverfall der GameStop-Aktie setzten. Diese Fonds hatten große Mengen der Aktie leerverkauft – ein Vorgang, der als Shorten bekannt ist. Beim Shorten leiht sich ein Anleger Aktien von einem Broker, verkauft sie sofort und hofft, dass der Kurs fällt. Dann kauft er die Aktien günstiger zurück, gibt sie dem Broker zurück und streicht die Differenz als Gewinn ein. Das Risiko besteht jedoch darin, dass der Kurs der Aktie steigen könnte, was den Anleger zwingt, die Aktien teurer zurückzukaufen und Verluste hinzunehmen. Ähnlich war die Situation auch bei AMC. Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Stellen Sie sich vor, ein Anleger leiht sich 100 Aktien zu je 50 Euro, verkauft sie für 5.000 Euro und hofft, sie später für 30 Euro pro Aktie zurückzukaufen. Wenn der Plan aufgeht, macht er 2.000 Euro Gewinn (Broker-Entgelt noch nicht berücksichtigt). Aber was, wenn der Kurs auf 70 Euro steigt? Dann muss er 7.000 Euro ausgeben und erleidet 2.000 Euro Verlust.
Der Short Squeeze und seine Auswirkungen
Roaring Kitty und die "r/WallStreetBets"-Community erkannten die Möglichkeit eines sogenannten "Short Squeeze". Ein Short Squeeze tritt auf, wenn viele Short-Seller gezwungen sind ihre Positionen zu schließen, indem sie die Aktie zurückkaufen. Dies treibt den Kurs weiter in die Höhe. Durch die koordinierte Aktion der Kleinanleger schoss der GameStop-Kurs in die Höhe. Hedgefonds, die auf fallende Kurse gesetzt hatten, mussten die Aktien zu weit höheren Preisen zurückkaufen und erlitten dadurch erhebliche Verluste. Ein prominentes Beispiel war der Hedgefonds Melvin Capital, der aufgrund seiner Short-Positionen innerhalb eines Monats Verluste von circa 6,8 Milliarden Dollar hinnehmen musste.
Diese enormen Verluste kommen daher, dass bei Short-Positionen die möglichen Gewinne begrenzt, aber die potenziellen Verluste unbegrenzt sind. Bei Short-Positionen sind die Gewinne gedeckelt, weil der maximal mögliche Gewinn der Preis ist, zu dem die Aktie ursprünglich verkauft wurde. Die Verluste hingegen sind theoretisch unbegrenzt, da der Aktienkurs unendlich steigen kann. Je höher der Kurs steigt, desto mehr Geld müssen die Short-Seller aufbringen, um ihre Positionen zu schließen, was zu immer größeren Verlusten führt.
Der Erfolg von Roaring Kitty und der Kleinanlegergemeinschaft löste eine umfassende Diskussion über die Machtverhältnisse an den Finanzmärkten und die Rolle sozialer Medien aus. Die traditionelle Ansicht, dass nur große institutionelle Anleger die Märkte signifikant beeinflussen können, wurde infrage gestellt. Zudem führte dieses Ereignis zu regulatorischen Überlegungen, wie solche Marktentwicklungen in Zukunft besser überwacht und gehandhabt werden sollten. Die US-Börsenaufsicht SEC begann, die Vorgänge genauer zu untersuchen, um mögliche Marktmanipulationen und unfaire Handelspraktiken zu identifizieren.
Memestocks und Marktgesetze
Die Geschichte von Roaring Kitty und den Memestocks markiert womöglich einen Wendepunkt in der Geschichte der Finanzmärkte. Sie zeigt, wie das Zusammenspiel von sozialen Medien und kollektivem Handeln die Regeln des Spiels grundlegend verändern kann. Ob dies aber eine nachhaltige Veränderung darstellt oder nur ein vorübergehendes Phänomen war, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass Kleinanleger ihre Marktmacht an der Börse unübersehbar gemacht haben und weiterhin Einfluss nehmen könnten. Der beeindruckende Einfluss der Memestocks hat daher nicht nur die Machtverhältnisse an den Finanzmärkten neu definiert, sondern auch die Art und Weise, wie Informationen geteilt und Investmententscheidungen getroffen werden, grundlegend verändert.
Ihre Geschichte ist ein Beweis dafür, dass Gemeinschaften und Kollektive etablierte Strukturen herausfordern können.
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