Vermögensverwaltung in Deutschland: Ein Trend mit Zukunft
Das Wealth Management in Deutschland erlebt einen deutlichen Aufschwung. Während die deutschen Anleger für ihre sicherheitsorientierten Anlagestrategien bekannt sind, hat sich in den letzten Jahren ein Wandel vollzogen. Getrieben durch niedrige Zinsen, wirtschaftliche Krisen und den Wunsch nach individuellen Lösungen, entdecken immer mehr Menschen die Vorteile einer professionellen Vermögensverwaltung. Nicht nur klassische Banken, sondern auch unabhängige Vermögensverwalter und digitale Plattformen bieten umfangreiche Wealth-Management-Dienstleistungen an. Doch was genau treibt diesen Trend an und wie wird sich der Markt in den kommenden Jahren entwickeln? Das erfahren Sie in diesem Artikel.
Vermögensverwaltung in Deutschland: Sichere Anlagestrategien gewünscht
Die deutsche Bevölkerung ist für ihr konservatives und risikoaverses Verhalten bei Investitionen bekannt. Sie bevorzugt sichere Anlageformen wie Sparbücher, Tagesgeldkonten, Renten- und Kapitallebensversicherungen sowie Immobilien. Nur weniger als ein Fünftel investiert in Wertpapiere. Historische Erfahrungen wie die Hyperinflation in den 1920er Jahren, das gut ausgebaute Sozialsystem sowie die regulatorischen Rahmenbedingungen am deutschen Finanzmarkt haben dieses Streben nach Sicherheit und langfristiger Stabilität verstärkt.
Es gibt eine tief verwurzelte Skepsis gegenüber riskanteren Anlageformen wie Aktien. Viele Deutsche verlassen sich zudem auf staatliche Renten oder Lebensversicherungen, um für den Ruhestand vorzusorgen. Das zeigen auch aktuelle Zahlen: Das meiste Geld – mehr als 40 Prozent des Vermögens – haben Deutsche im Jahr 2023 in Bargeld sowie Tages- und Festgeld angelegt.
USA und Schweden: Mehr Risikofreude
Ein anderes Bild zeigt sich in Ländern wie den USA oder Schweden: In den USA sind Anleger tendenziell risikofreudiger und stärker am Kapitalmarkt beteiligt als in Deutschland. Viele Menschen investieren in Aktien und Fonds, unter anderem aufgrund kapitalmarktorientierter Altersvorsorgeprogramme. Mehr als die Hälfte der Haushalte wählt Wertpapiere als bevorzugte Anlageform.
Auch in Schweden interessiert sich die Bevölkerung für Aktien: 2023 hielten 32 Prozent der Nordeuropäer Anteilsscheine an Unternehmen oder legten ihre Ersparnisse in Fonds an. Damit gehören sie zu den Spitzenreitern innerhalb Europas. Die Schlusslichter bilden Spanien, Frankreich und Polen mit 10 bis 15 Prozent.
Wie sich die Vermögensverwaltung in Deutschland wandelt
Die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre haben dem Wealth Management in Deutschland einen deutlichen Auftrieb gegeben. Zunächst lockte die Niedrigzinsphase mehr Menschen hin zu rentablen Anlageformen wie Aktien und Fonds. Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg haben das Wachstum zusätzlich beschleunigt:
- Die Anzahl an Wertpapierdepots privater Haushalte stieg zwischen 2016 und 2023 von 22,4 Millionen auf 31,5 Millionen. Das entspricht einem Zuwachs von 40 Prozent.
- Das Geldvermögen privater Haushalte nahm zwischen 2013 und 2023 um 53 Prozent zu.
- Das vererbte Vermögen, das steuerlich berücksichtigt wurde, hat sich zwischen 2010 und 2023 verdreifacht.
- Die Inflation lag 2023 bei einem Rekordwert von 5,9 Prozent.
Kurzum: Die Menschen in Deutschland haben mehr Geld zur Verfügung, das sie wertsteigernd investieren möchten. Dieses zunehmende Interesse an der Vermögensverwaltung wird von weiteren Entwicklungen am Markt begleitet.
Das Angebot vergrößert sich
Nicht nur traditionelle Banken bauen ihr Portfolio aus, auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken sowie unabhängige Vermögensverwalter bieten immer mehr Wealth Management an.
Digitale Lösungen erobern den Markt
Insbesondere Kleinanleger profitieren zunehmend von digitalen Angeboten in der Vermögensverwaltung. Dazu zählen Robo-Advisors, die sich durch geringe Kosten und eine einfache Bedienung auszeichnen. Auf diesen Plattformen können Nutzer automatisierte und algorithmusbasierte Investmentstrategien verfolgen, die auf ihren individuellen Zielen und ihrer Risikobereitschaft basieren. Das Geld wird dabei weltweit gestreut und in verschiedene Anlageformen investiert, beispielsweise Aktien-ETFs, Anleihen-ETFs oder Rohstoffe.
Family Offices für vermögende Familien
Family Offices, insbesondere Multi-Family Offices, haben seit der Finanzkrise 2009 an Popularität gewonnen. Dabei handelt es sich um eine spezialisierte Einheit innerhalb der Vermögensverwaltung, die sich um die finanziellen und oft auch nicht-finanziellen Belange einer vermögenden Familie kümmert. Das Angebot unterscheidet sich von herkömmlichen Vermögensverwaltern, da es individuell auf die Bedürfnisse einer Familie zugeschnitten ist und das Vermögen häufig langfristig und generationenübergreifend geplant wird.
Die Zukunft der Vermögensverwaltung weltweit
Der globale Markt für Vermögensverwaltung wächst stark. Prognosen gehen von einem Anstieg des weltweit verwalteten Vermögens von 139 Billionen US-Dollar (2021) auf 229 Billionen US-Dollar bis 2030 aus. Eine ähnliche Entwicklung ist auch in Europa zu erwarten: Hier wird der Markt voraussichtlich von 43,02 Billionen US-Dollar (2024) auf 53,37 Billionen US-Dollar (2029) wachsen, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 4,41 Prozent. Dieses Vermögen wollen Anleger nachhaltiger investieren und sich dabei stärker professionell beraten lassen.
Nachhaltige Anlagestrategien
Investoren möchten ihr Geld zunehmend nachhaltig anlegen und damit einen Mehrwert schaffen. Das Anlagevolumen nachhaltiger Investmentfonds ist zwischen 2013 und 2023 um das 15-fache gestiegen – von 30,9 Milliarden Euro auf 472,6 Milliarden Euro. Ein weiterer Anstieg ist für die Zukunft zu erwarten.
Nachhaltige Geldanlagen investieren Kapital in Finanzprodukte wie Aktien, Fonds oder Anleihen, die ökologisch, sozial und ethisch verantwortlich sind. Beispielsweise können Anleger in erneuerbare Energien, Unternehmen mit fairen Arbeitsbedingungen oder Firmen mit transparenter Führung investieren. Als Bewertungsgrundlage dienen die ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) oder die Ziele der UN-Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung. Letztgenannte fördert Bereiche wie Bildung, Gesundheit und Klimaschutz.
Mehr individuelle Beratung
Aufgrund der volatilen Märkte und steigender Inflation wünschen sich Investoren mehr individuelle Beratung. Laut der EY Wealth Management Studie 2023 geben 80 Prozent der wohlhabenden Kunden an, dass sie zusätzliche Beratung benötigen, um mit den komplexen Finanzmärkten umzugehen. Das steigende Interesse an professioneller Vermögensverwaltung und die wachsenden globalen Vermögen deuten darauf hin, dass Wealth Management eine noch wichtigere Rolle in der Finanzdienstleistungsbranche spielen wird.
Vermögensverwaltung: Unverzichtbar für die Finanzbranche in Deutschland, Europa und weltweit
Wealth Management steht vor einer vielversprechenden Zukunft. Angesichts wachsender Vermögen, einer steigenden Nachfrage nach individueller, professioneller Beratung und einem zunehmenden Interesse an nachhaltigen Investments wird der Markt weiter expandieren. Sowohl traditionelle Banken als auch innovative digitale Anbieter werden eine entscheidende Rolle dabei spielen, die Bedürfnisse der Anleger zu bedienen. Vermögensverwaltung in Deutschland ist nicht nur ein Trend, sondern wird sich zu einem zentralen Bestandteil der Finanzlandschaft entwickeln.